»Ein Buch mit sieben Siegeln« – der Begriff ist bekannt. Wir gebrauchen ihn, wenn etwas undurchdringlich scheint für den menschlichen Verstand. Der Ausdruck stammt aus dem Buch der Offenbarung. Es ist das letzte Buch der Bibel, das selbst für Theologen und Wissenschaftler ein Rätsel bleibt.
Vermutlich ist die Offenbarung um 95 n. Chr. entstanden, gegen Ende der Regierungszeit des römischen Kaisers Domitian (81-96 n. Chr.). Domitian ließ sich als »Herr und Gott« verehren. Statuen des Herrschers sollten die Menschen im römischen Reich überall daran erinnern. Da für die Christen Gott noch über dem Kaiser stand und sie Jesus als ihren Herrn anbeteten, wurden sie von Domitian grausam verfolgt.
In dieser Zeit wird Johannes, wohl der Verfasser der Johannesbriefe, auf die griechische Insel Patmos verbannt. Dort hat er eine Vision. Jesus stellt sich vor: »Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.« (Off 1, 8)
Der auferstandene Jesus selbst beauftragt Johannes, Briefe an die sieben Gemeinden in Kleinasien zu schreiben. In gewaltigen Bildern wird die Überwindung der bösen Mächte dargestellt. Die Gemeinden werden ermutigt durchzuhalten.
Schließlich findet sich Johannes im Thronsaal Gottes wieder. Jesus sitzt dort und hält das Buch mit den sieben Siegeln in Händen. Bis dahin wurde noch niemand für würdig befunden, das Buch zu öffnen. Doch jetzt ist es so weit. Jesus, das Lamm Gottes, kann das Buch öffnen.
»Und ich sah, und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron und um die Wesen und um die Ältesten her, und ihre Zahl war zehntausendmal zehntausend und vieltausendmal tausend; die sprachen mit großer Stimme: Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob.« (Off 5, 11-12)
Er bricht ein Siegel nach dem anderen. In immer schrecklicheren Bildern wird der Untergang der Welt beschrieben. Nur eine ausgewählte Zahl von Menschen überlebt das Inferno und wird in weiße Gewänder gehüllt.
Nach der Apokalypse folgt das Weltgericht. Ein anderes Buch wird aufgeschlagen: Das Buch des Lebens. Alle, die darin namentlich aufgeschrieben sind, werden aus dem Totenreich gerufen. Sie werden in das neue Jerusalem einziehen.
»… und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss!« (Off 21, 4-5)
»Siehe, ich mache alles neu!«. Das ist die Jahreslosung, die uns durch das Jahr 2026 begleitet.
Was so einfach klingt, hat eine lange, teilweise unheilvolle Vorgeschichte.
Und doch blitzt in allem Unheil immer wieder Hoffnung auf.
Das Böse wird nicht siegen, eines Tages wird es überwunden sein.
Pastorin Haike Gleede